03—Ausrüstung
tolles Bild

......... Neues Schloss, Paradeplatz 4
„Täglich rücken Tausende ein. Morgen verläßt uns Bernhard v. Jacobi. In seiner Offiziersuniform sah er prächtig aus.“
(Erich Mühsam, 1914)
Am späten Nachmittag des 1. August 1914, einem Samstag, ordnet Kaiser Wilhelm II. die „Mobilisierung der gesamten deutschen Streitkräfte“ an. Abends tritt König Ludwig III. von Bayern auf den Balkon des Wittelsbacher Palais in München. Er hofft, dass sich seine „braven Soldaten“ tapfer schlagen und „mit Sieg gekrönt wieder in die Heimat zurückkehren“. Am selben Tag ist die Münchner Residenzwache erstmals in feldgrauer Uniform aufgezogen. Ab dem 4. August 1914 zeigt sich auch der Kaiser bei öffentlichen Auftritten nur noch im Soldatenrock.

Bayern stellt zu Beginn des Krieges 416.000 Soldaten. Sie müssen feldmarschmäßig ausgerüstet werden. Die feldgraue, anfangs rot gesäumte und mit silbernen Knöpfen verzierte Uniformjacke gilt als Erkennungsmerkmal des Infanteristen. Dazu gehört die traditionelle Pickelhaube. Zur Tarnung mit Stoff überzogen, bietet sie aber nicht einmal Schutz vor kleinen Granatsplittern. Deshalb ersetzt man sie 1916 durch den Stahlhelm. Nach dem ersten Einsatz von Kampfgas wird auch die Atemschutzmaske überlebensnotwendig. „Gegen die Schallwirkung des Kanonendonners“ hilft laut Eigenwerbung das „Nervenberuhigungsmittel Ohropax“.
„Feldzugs-Sachen bestellt und gekauft: Stiefel, Mantel, Revolver. Brownings sind nicht mehr zu haben.“
(Harry Graf Kessler, 1914)
Neues Schloss, Paradeplatz 4

In Ingolstadt ist man auf Kundschaft aus Armeekreisen eingestellt: Karl Ponschab betreibt in der Theresienstraße einen Laden für „Militärbedarf“. Er wird 1919 mit dem heutigen Modehaus Xaver Mayr am Schliffelmarkt fusionieren. Direkt gegenüber gibt es schon damals das konkurrierende Modegeschäft Ertl, seit 1909 „Königlich Bayerischer Hoflieferant“ und Anbieter von „Civil- und Militäreffekten“. Zum Sortiment gehören Ordensbänder, Mützen und Handschuhe. Die eigentliche Kleider- und Waffenkammer der Garnisonsstadt ist allerdings das Neue Schloss.

In der Dürnitz, dem einstigen Speisesaal, warten 16.000 Gewehre auf ihren Einsatz. Im Obergeschoss lagern Reithosen, Mäntel und Waffenröcke, Zeltbahnen, mit Kalbfell überzogene Tornister und Feldflaschen aus Aluminium. Ein mittelgroßer Infanterist hat knapp 30 Kilogramm zu schultern – bei einer angenommenen Marschleistung von 25 Kilometern pro Tag. Peter Zimmermann kommt diesen Strapazen bald aus. Er ist im Dezember 1914 in Ingolstadt zum 3. Bayerischen Fußartillerie-Regiment eingerückt. Fünf Monate später wird er schon wieder entlassen. Denn er ist mit 2,14 Metern der längste Soldat Bayerns und sprengt mit seinen Maßen jede Uniform.
„Die Stiefel drücken mich, und die Füße schmerzen, aber ich bin stolz, endlich bin ich Soldat.“
(Ernst Toller, 1914)
Stiefel eines Infanteristen, OG: Raum 9

Die typischen Kampfstiefel der deutschen Soldaten gehen als „Knobelbecher“ in die Umgangssprache ein. Teils naturbelassen, teils schwarz gefärbt, gehören sie von 1866 bis 1945 zur „Grundausstattung“ des Militärs. Im besten Fall sollen sie wie angegossen passen. Deshalb gibt es zu Beginn des Krieges 133 verschiedene Größen. Ein möglichst perfekter Sitz dient nicht nur der Bequemlichkeit: Zu enge Stiefel verursachen Schwellungen und Schmerzen. Wenn die Stiefel auch noch nass werden, droht der gefürchtete „Fußbrand“. Der „Grabenfuß“ gilt als schlimmste Ausprägung dieses Übels.

In den Schützengräben stehen Schlamm, Kot und Urin nicht selten kniehoch. In solchen Fällen helfen nicht einmal mehr die Schaftstiefel weiter, zumal sie gern im Morast steckenbleiben. In der Folge sterben die Gliedmaßen ab und werden schwarz. Eine Amputation ist unausweichlich. Auch Kälte kann zur Gefahr werden. Die Sohle besteht aus Leder. Sie ist mit verzinkten Nägeln beschlagen. Den Absatz verstärkt eine Art Hufeisen. Beides fördert Erfrierungen, weil die Fußwärme im Stiefelinneren durch die Eisenteile im Winter schnell nach außen geleitet wird.