13—Frauen
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......... Frauen für die Rüstung: Aufseherinnen des Hauptlaboratoriums Ingolstadt.
1914 sind 27 % der deutschen Frauen berufstätig
„Der Held kämpft fern in West‘ und Osten, die Frau steht treu im Land auf Posten.“
(Postkarte, zwischen 1914 und 1918)
Deutsche Frauen sind 1914 Menschen zweiter Klasse. Es ist ihnen verwehrt zu wählen, ein Konto zu eröffnen, ein politisches Amt zu bekleiden. Sie können weder Richter(in) noch Professor(in) werden. Ohne Zustimmung des Ehemannes dürfen Frauen keiner „Erwerbsarbeit“ nachgehen. Jetzt aber braucht man sie als „weibliche Reservearmee“. Sie sollen an der „Heimatfront“ jene Männer ersetzen, die im Feld stehen. Bei der Ingolstädter Pferdetram, die die Innenstadt mit dem Hauptbahnhof verbindet, werden Frauen als Schaffnerinnen eingestellt, darunter Maria Klopfer. In den Fürsorgeabteilungen der Militärbehörden können Frauen sogar in den Offiziersrang aufsteigen.

Tatsächlich nimmt zwischen 1914 und 1918 der Anteil erwerbstätiger Frauen zu – allerdings nicht so stark wie in den Vorkriegsjahren. Außerdem werden die arbeitenden Frauen in erster Linie „verschoben“ – von der „kriegsunwichtigen“ Industrie, die ohnehin am Boden liegt, zur „kriegswichtigen“. Auch Maria Klopfer fällt wieder aus der Statistik. Sie verliert ihren Job, als die „Tramway“ 1921 eingestellt wird. Denn in Folge des Krieges fehlt das Geld für die wirtschaftlich notwendige Umstellung von Pferde- auf Elektrobetrieb.
„Heute: Krankenpflegekurs für Frauen und Mädchen aller Stände, geleitet von Bezirksarzt Dr. Schön.“
(Ingolstädter Tagblatt, 1914)
Ziegelbräustraße 6, Wohnhaus der Familie Schröffer

Die Sorge um Verwundete und Notleidende gehört in Kriegszeiten zu den klassischen Betätigungsfeldern von Frauen. Das gilt zwischen 1914 und 1918 in besonderem Maße. Noch nie zuvor hat es so viele Opfer gegeben. Die „Lazarettstadt“ Ingolstadt verfügt über Tausende von Krankenbetten. Sie würde ohne Krankenschwestern und Sanitätshelferinnen nicht funktionieren.

1917 häufen sich in der Ingolstädter Zeitung die Wohnungsgesuche von jungen Frauen. Denn inzwischen stellen auch die Rüstungsbetriebe weibliche Arbeitskräfte ein. Frauen erhalten höchstens 70 Prozent des „Männerlohns“. Das ist eine vergleichsweise gute Bezahlung. Der Zuzug von Frauen ist so gewaltig, „dass für viele keine Nachtherberge gefunden werden“ kann, heißt es in der Chronik des Klosters Gnadenthal. Die Nonnen erbarmen sich und richten „den armen obdachlosen Mädchen, welche so vielen sittlichen Gefahren ausgesetzt“ sind, im Turnsaal ein Notquartier ein.

Maria Schröffer, Jahrgang 1881, wird unfreiwillig zur Geschäftsfrau. Weil ihr Mann im Feld steht, führt sie den „Farb- und Seilerwarenladen Martin Schröffer“ in der Ingolstädter Ziegelbräugasse ab September 1914 selber. Denn die fünf Kinder wollen ernährt werden.
„Wo du jetzt bist und wie es dir gehen wird, weiß wohl der Himmel allein.“
(Maria Schröffer an ihren Mann, 1917)
Feldpostbrief an Martin Schröffer, OG: Raum 19

Es ist Sonntag, der 12. August 1917. Maria Schröffer hat wieder Zeit für einen Brief an ihren Gatten: „Mein Teue[r]ster … Du wirst halt recht viel durchstehen müssen; alle Tage 30 bis 40 Kilometer marschieren, wahrscheinlich bei schmaler Kost und galizischer Wärme. Wie du es nur so aushalten kannst. … Bitte laß bald wieder von dir hören. Für heute viel Glück!“ Was Maria Schröffer zu diesem Zeitpunkt nicht ahnt: Ihr Mann ist seit zwölf Tagen tot. Am 1. August 1917 hat ihn ein Kopfschuss an der Ostfront, rund 140 Kilometer südöstlich von Tarnopol, aus dem Leben gerissen.

Das Telegramm mit der Todesnachricht trifft erst am 21. August 1917 in Ingolstadt ein. Zwei Tage später ist in der Zeitung die Traueranzeige zu lesen: „In namenlosem Schmerze: Die tieftrauernde Gattin … mit ihren 5 unmündigen Kindern“. Aus der „Malermeistersgattin“ ist über Nacht eine „Malermeisterswitwe“ geworden. Doch Maria Schröffer lässt sich nicht unterkriegen. Sie führt das „Farbwaren-Geschäft“ weiter, wird später sogar Stadträtin. Auch als alleinerziehende Mutter hat sie Erfolg: Der älteste Sohn „Pepi“, geboren 1903, studiert Theologie, wird Bischof von Eichstätt und schließlich Kurienkardinal.