09—Transport
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......... Kanonendonner über den Gleisen:
Die bayerischen Eisenbahntruppen, 1872 in Ingolstadt aufgestellt (CC-BY-SA 3.0)
„Der Pferdetrambetrieb muss wegen Pferdemusterung vorläufig eingestellt werden.“
(Ingolstädter Tagblatt, 1914)
Soldaten, Waffen, Lebensmittel, Verwundete, Briefe und Pakete müssen transportiert werden. Lastkähne, Ochsenfuhrwerke und Schlitten kommen zum Einsatz, Fahrräder, LKW und Ski. Jede zweite Harley Davidson, die 1917 die Werkshallen verlässt, ist für das Militär bestimmt. An der Westfront schleppen monströse Zugmaschinen schwere Artillerie an ihre Einsatzorte. Am Bosporus spannt man Kamele vor die fahrbaren Gestelle der Kanonen. In den Alpen versorgen Mulis und Materialseilbahnen die „Kämpfer“ des „Gebirgskriegs“.

Zum wichtigsten Transportmittel wird die Eisenbahn. Gleich danach kommt das Pferd. Es ist bis ins 20. Jahrhundert im Krieg unverzichtbar. Die Bayerische Armee verfügt Anfang August 1914 über 16.918 „Königliche Dienstpferde“. Gebraucht werden 82.000. Deshalb betrifft die Mobilmachung nicht nur wehrfähige Männer, sondern auch kriegstaugliche „Zivilpferde“. Jedes sechste Pferd in Bayern muss den heimischen Stall verlassen. Brauereirösser werden ebenso „eingezogen“ wie die Nutztiere von Transportunternehmern und Privatleuten. Den Bauern kommen die wichtigsten Erntehelfer abhanden. Nach Schätzungen verlieren weltweit acht Millionen Pferde im Krieg ihr Leben.
„Mitte August verlassen wir, blumengeschmückt, München. Mit unbekanntem Ziel fährt der Zug ab.“
(Ernst Toller, 1914)
Militärbahnhof, Theaterplatz

Mit der ersten Probefahrt des „Adler“ auf der Strecke Nürnberg-Fürth beginnt am 16. November 1835 in Deutschland das Zeitalter der Eisenbahn. 80 Jahre später steht das massentaugliche Verkehrsmittel vor der größten Herausforderung seiner Geschichte. 8.700 Lokomotiven und 180.000 Waggons befördern 1918 ganze Armeen zu den Kriegsschauplätzen. Zeitweise bringen die Truppen- und Munitionstransporte den zivilen Bahnverkehr zum Erliegen. Feldbahnen an der Front ergänzen das vollspurige Bahnnetz. Ihre Gleise reichen bis in die Zone des gegnerischen Artilleriefeuers.

In Ingolstadt gibt es neben dem „Centralbahnhof“ (dem heutigen Hauptbahnhof) und dem Nordbahnhof seit 1878 auch einen „Militärbahnhof“. Mit seinen Gleisen und Rampen unterhalb des Neuen Schlosses liegt er als einziger der drei Bahnhöfe innerhalb der „Festung“. Er dient dem Waren- und Stückgutverkehr, beliefert Garnison und Rüstungsbetriebe. Personenverkehr findet nur statt, wenn Züge voller Verwundeter eintreffen: Von der Donaulände ist der Weg nicht weit zu den Lazaretten in der Altstadt – darunter das „Kriegsspital“, die heutige Fachoberschule am Oberen Graben.
„Täglich kommen vom Schlachtfelde ganze Wagenladungen voller Gewehre, die hier gereinigt werden.“
(Heinz Tovote, 1915)
Gewehr 98 (Schnittmodell), EG: Raum 4

Zwischen 1914 und 1918 ist der Militärbahnhof ein Umschlagplatz für reparaturbedürftige Waffen. Hier kommen Geschütze an, die vom Krieg in Mitleidenschaft gezogen worden sind, darunter Beutekanonen aus englischen, französischen, russischen Beständen. Sie werden in der benachbarten „Geschützgießerei und Geschoßfabrik“ überholt. Mit einem der nächsten Züge bringt man sie an die Front zurück.

Ebenso verfährt man mit Handfeuerwaffen, die beschädigt, toten Soldaten abgenommen oder erbeutet worden sind. Sie werden in den Werkstätten der „Waffensammelstelle Ingolstadt“ instandgesetzt. Die Gebäude gruppieren sich um den Hof des Neuen Schlosses. Auch hier spielt die Herkunft der Waffen keine Rolle. Zur Not helfen die Kenntnisse von Kriegsgefangenen weiter, die zum Dienst an den Werkbänken abkommandiert sind.

Am häufigsten wird in Ingolstadt das deutsche Gewehr 98 repariert. Wegen seiner „Zuverlässigkeit“ ist es bis 1945 im Einsatz. Zeitweise kommt die Produktion dem Bedarf nicht hinterher. Am Ende des Krieges ist es umgekehrt. Es gibt mehr Waffen als Soldaten. 1918 lagern im Neuen Schloss allein 200.000 „Beutegewehre“ aus russischen Armeebeständen.